Meine schwarzen Haare fielen mir elegant wie immer in die Stirn, während ich mich an einen der Tische hinter der Bühne, die mit einer Poledance-Stange versehen war, sinken ließ, von wo aus ich die Bar ordentlich im Blick hatte. Ich hatte wochenlang alles so vorbereitet, dass heute alles nach Plan verlaufen würde. Meine beißend grünen Augen musterten den Raum, ehe ich einen Schluck aus meinem Glas nahm, um nicht auffällig zu wirken. Ich hatte seit der Grundschule nicht versucht Kontakt mit ihm aufzunehmen. Aber ich hatte ihn nie aus dem Blick verloren und hatte mein ganzes Leben so umgekrempelt, dass alles auf diesen Abend hinauslief. Nach heute Nacht würde er sich endlich an mich erinnern und mich nicht noch mal alleinlassen. Damals hatte er irgendwas für seinen Vater erledigen müssen oder sowas. Wir waren beinahe beste Freunde gewesen, mir war aber trotzdem nicht erklärt worden, wohin er gegangen war. Vermutlich hatten die Erwachsenen sich damals gedacht, dass ich damit nicht zurechtkommen würde. Oder vielleicht hatten sie ihn nur von mir fernhalten wollen. Was auch immer es war. Jetzt war ich hier mit ihm im selben Raum und konnte ihn dabei beobachten, wie er drinks für die eh schon betrunkenen Gäste mischte.

Ich arbeitete jetzt schon fast 3 Monate in diesem Strip Club, wirklich Spaß machte mir die Arbeit hier nicht aber selbst wenn würde man mir das eh nicht ansehen, da ich nie wirklich guckte als hätte ich Spaß. Ich strich mir eine nervende schwarze Haarsträhne aus den Augen während ich angestrengt versuchte zu verstehen, was der mehr als besoffene Typ für ein Getränk wollte. Mit einem nicken drehte ich mich um und sammelte alles zusammen. Wirklich spektakulär mischte ich das Getränk nicht im Gegensatz zu meinem Kollegen. Der wollte Frauen beeindrucken, ich wollte nur das Geld, warum dann also anstrengende Tricks vorführen. Ich schob das Getränk auf die Bar und nahm mir das beigelegte Geld, bevor ich mich beschäftigt einer jungen Frau zuwendete. Ich glaube sie arbeitete hier, zumindestens sah sie so auch. Wirklich viel Zeit zum umsehen hatte ich hier nie, da die Bar immer gut besucht war.

Mir war sein emotionsloser Blick schon längst aufgefallen. Er hatte mich zwar seit gut neun Jahren nicht gesehen, ich ihn dafür aber jeden Tag. Ich stützte meinen Kopf etwas auf meiner Hand ab und beobachtete ihn dabei, wie er das Getränk halbherzig zusammenmischte und stemmte mich stumm von meinem Sessel, als der nächste tänzer angekündigt wurde. Ein blonder, kleiner Freak saß sofort aufrecht in der ersten Reihe und starrte die Stange konzentriert an. Der war definitiv auf irgendwas. Ich verdrehte leicht die Augen, fokussierte mich wieder auf Soobin und ließ mich erst an der Bar wieder auf einen der Hocker sinken. "Ich nehm das Gleiche noch Mal", wies ich ihn kühl an, konnte es mir aber nicht verkneifen direkten Blickkontakt herzustellen. Ich hatte ihm seit Jahren nicht in die Augen gesehen. Seitdem er mir weggenommen wurde. Erinnerte er sich überhaupt an mich? Mh er hatte nie versucht Kontakt herzustellen. Ich allerdings auch nicht. Meine Handys wurden immer mal wieder abgehört, ein Berufsrisiko, das ich für die Macht gern in kauf nahm. Ich hatte ihn bloß wirklich nicht in die Schusslinie bringen wollen. "Mit etwas mehr hingabe. Ich zahl auch extra", ich wusste nicht genau wie es um seine finanzielle Situation stand, aber wenn er als Bartender arbeitete, konnte es ja nicht zu gut laufen. Zum spaß machte er das schließlich offensichtlcih nicht.

Als ich der jungen Stripperin ihr Getränk gereicht hatte wendete ich mich dem Mann von eben zu. Das gleiche? Was dachte er? Dass ich mir die ganzen Gäste und ihre Bestellung merkte. Als ich ihm jedoch in die ungewöhnlich grünen Augen sah erinnerte ich mich sofort wieder was er bestellt hatte und schon wieder überkam mich dieses unangenehme Gefühl, dass ich nicht zuordnen konnte. Ich wollte gerade beginnen als er etwas hinzufügte und ich meine lilanen Augen zusammen kniff. Langsam sah ich hoch und begann sehr langsam, sehr gelangweilt und mit 0% hingabe das Getränk zu mischen, während ich ihm provokant in die Augen sah. Ich war doch keine Zirkusattraktion wie mein Affe von Kollege. Ich kippte sogar absichtlich etwas daneben und warf dann ein süßes dekoschirmchen in seinen Drink, welchen ich ihm mit einem Fake Lächeln reichte. "6,40€." Murmelte ich schlicht den normalen Preis und sah ihn abwartend an.

Ich musterte seine Reaktion auf mein Auftreten stumm. So sah man keinen Kindheitsfreund an, den man seit fast einem Jahrzehnt nicht gesehen hatte. Er erinnerte sich also tatsächlich nicht mehr an mich. Ich rieb mir mit der Handfläche etwas über die Stirn und hätte mein Gesicht beinahe zu einem zufriedenen Lächeln verzogen. Aber eben auch nur beinahe. Er würde nach heute Nacht alle Zeit der Welt haben, um sich an mich zu erinnern. Wie er mein Getränk eingoss, war mir eigentlich ziemlich egal. Aber ich hatte es so vermisst in diese beißenden, ungewöhnlich-farbigen Augen zu sehen. Früher hatte ich auch Stunden damit verbringen können, ihm in die Augen zu starren. Ich schob ihm einen Fünfziger zu und nahm mir das leicht klebrige Glas. Hatte er etwas daneben gegossen? "Serviette", ordnete ich knapp an. Ich war mittlerweile einer der Anführer unserer Organisation, da ich in die Fußstapfen meines Vaters getreten war. Ich war es einfach gewohnt, dass ich nicht mehr sagen musste als nötig.

Ich nahm den Schein und legte ihm phne mit der Wimper zu zucken das Wechselgeld bis auf den letzten Cent hin und die Serviette warf ich ihm hinterher. Was für ein eingebildeter Kerl, aber er hatte mich sehr seltsam angesehen. Es fühlte sich an wie ein deja vu aber ich konnte mich einfach nicht erinnern und das machte mich irgendwie frustriert. Ziemlich genervt davon machte ich einfach das nächste Getränk für einen Kunden und beschloss nicht weiter über den Typen nachzudenken.

Er war schon immer ziemlich schnell im Kopf gewesen. Das schien mit den Jahren wohl nicht weniger beeindruckend geworden zu sein. Trotzdem bewegte ich mich nicht vom Fleck und griff einfach nach der Serviette. Das Geld ließ ich bloß so da liegen. Das war ein Trinkgeld oder so. Ich wischte mir ruhig die Hände ab und leerte dann in einem schnellen Zug mein Glas. Um nicht einfach durchzudrehen, sobald ich ihn berührte, musste ich ein wenig vorglühen. Er würde mir vermutlich nicht freiwillig folgen. Mh um sein Liebesleben hatte ich bei meinen Nachforschungen über ihn extra einen großen Bogen gemacht, aus Vorsicht sonst vielleicht einen seiner Partner nach dem Anderen auszuschalten. Aber vielleicht ließ er sich ja von jemandem mit nach hause nehmen, wenn man genug dafür hinblätterte. "Was muss jemand wie ich für ein paar Minuten deiner Zeit tun?", fragte ich leise raunend, als er sich nach einigen Minuten wieder in meine Hörweite bewegte.

Ich hatte aus dem Augenwinkel bemerkt, wie der Kerl das Geld hatte liegen lassen. Der hatte auch zu viel davon oder? Als ich gerade wieder mit meinen Gedanken abgeschlossen hatte hörte ich ihn erneut reden und hob schnaubend eine Augenbraue. War das ne schlechte Anmache? Was wollte dieser Typ denn von mir? Ich mochte dieses Gefühl nicht etwas wichtiges vergessen zu haben wenn ich ihm in die Augen sah. Schnaubend beugte ich mich vor und musterte ihn einfach einmal von oben bis unten. "Zuerst mal zwei X Chromosome, wenn du die hast kannst du wieder kommen. " maulte ich den Kerl an. Selbst dann hätte ich vermutlich keinen Bock, mir war im Moment nicht nach random Frauen in meinem Bett.

Er stand also auf Frauen? Tja nicht mehr lang. Wenn er sich schon nicht an mich erinnerte, würde ich ihn mich eben neu kennenlernen lassen. Ich verzog keine Miene, als ich so eine Abfuhr kassierte und packte einfach die Fliege, die wohl zu seiner Arbeitskleidung gehörte. Ich war nicht gut darin Mitleid zu empfinden, aber ich war ein wahrer Meister im Menschen lesen und er fühlte sich unfassbar unwohl, wenn er mir in die Augen sah. So zwang ich ihn dazu direkten Blickkontakt zu halten und zog ihn an seiner Fliege zu mir über den Tresen. "Entweder du nennst mir einen Preis und das hier endet friedlich , oder ich hol dich nach deiner Schift ab. Ich weiß genau wann du heute Schluss hast und welchen Bus du nimmst, um nach Hause zu kommen, Herr Choi", jetzt lächelte ich sogar leicht. Ich sprach ihn immerhin höflich beim Nachnamen an. Mh er hätte sich vermutlich mehr erschreckt, wenn ich ihn direkt mit seinem Vornamen angesprochen hätte... Die Nacht war ja noch jung.

Ich hob mehr verärgert als überrascht eine Augenbraue als ich im wahrsten Sinne über den Tisch gezogen wurde. Kein Wunder dass ich mich so komisch fühlte. Der Kerl hatte sie nicht alle. Ich kniff leicht die Augen zusammen, was für eine nette Drohung. Dass er meinen Namen kannte hieß garnichts und selbst wenn er seine Drohungen wahr machen würde, ich wusste sehr gut mich zu verteidigen. Ich hob einen Arm und schlug mit meinem Unterarm seine Hand weg, welche meine Fliege hielt. "Sie können sich ein paar der Tänzerinnen hier erkaufen. Ich bin nur Barkeeper...." Schnaubte ich, es wirkte aber mehr wie eine Warnung bevor ich mich wegdrehte. Ein einhalb Stunden musste ich noch arbeiten, bevor ich nach Hause fahren konnte.

Er war stärker geworden. Natürlich. Er war mittlerweile ja auch um die zwanzig. Aber ihn zu berühren war grade schon fast ein bisschen zu viel für mich. Das Lächeln war natürlich sofort wieder von meinem Gesicht verschwunden, sodass ich mich stumm aufsetzte und ihn einen Augenblick einfach beobachtete. Ich hatte ihm die sanfte Tour angeboten. Offensichtlich würde ich niemanls den Fehler machen, ihn zu unterschätzen. Ich wusste ganz genau wer sein Vater war. Aber ich war schon immer der Aggressivere von uns beiden gewesen. "Mh wie du willst..", murmelte ich dann eher zu mir selbst, während ich mein Handy hervorzog und einer Gruppe meiner Leute, die außerhalb des Clubs in einem Auto warteten, eine kurze, verschlüsselte Nachricht schrieb, die ihnen den Hinweis gab, dass Soobin meine liebevolle Einladung abgelehnt hatte und wir ihn deshalb einfach so mitnehmen würden. Die wussten, was sie mit dieser Information anfangen sollten. "Man sieht sich", ich konnte nicht weiter so dicht bei ihm bleiben. Das würde nicht gut Enden und jetzt wollte ich keine Zeit mehr verlieren. Sobald er Schluss hatte, musste alles perfekt laufen.

Ich ignorierte die Verabschiedung nur schlicht und hatte bis Schichtende dieses Merkwürdige Gespräch auch schon fast wieder verdrängt. Ich war erstaunlich gut darin sachen zu verdrängen, manchmal sogar etwas zu gut. Ich überließ meinem Kollegen meinen Platz in der Bar und verschwand dann nach hinten in die Umkleide wo ich auch meine Sachen in meinen Spint getan hatte. Ich zog mir die Dienstkleidung aus und legte sie ordentlich in meinen Spint bevor ich mir ein schlichtes Tshirt und eine Hose anzog. Ich griff mein Handy und meinen Schlüssel, bevor ich meinen Spint zu schloss und kurz auf die Uhr sah. Perfekt, in 5 Minuten kam mein Bus. Damit verließ ich den Club durch den Hinterausgang, welcher in eine kleine unseriöse Gasse führte.

Am Ende der Gasse waren natürlich zwei meiner Männer platziert und weitere zwei folgten auf der gegenüberliegenden Seite, als Soobin aus dem Gebäude trat. Zur Sicherheit hatte ich eine kleine Spezialeinheit zusammengestellt, die sich das Kampfverhalten von seiner Organisation analysiert hatte. Heute Abend musste alles perfekt laufen. Ich trat zwischen zwei der Männer hervor und lief ins Licht, um Soobin ein wenig anzugrinsen. Das zweite Paar begann ihn jetzt langsam in unsere Richtung zu drängen. "Wenn du jetzt aufhörst mir unnötigen Stress zu machen, sorg ich dafür, dass du bei Bewusstsein bleibst... Mh obwohl ich mir nicht mal zu sicher bin, ob du das in ein paar Minuten noch willst."

Ich hatte direkt gemerkt, dass hier irgendwas faul war und blieb erstmal an Ort und Stelle stehen, um die zwei Männer zu beobachten. Von der anderen Richtung kamen ebenfalls zwei und ich kniff die Augen zusammen als der Typ mit den grünen Augen raus kam. Wirklich? Der hatte das Ernst gemeint? Aber was wollte der von mir? Es hatte sicher was mit den Geschäften von meinem Vater zu tun. "Was wollen sie?" Fragte ich nun skeptisch während ich die 4 Typen im Auge behielt. Gegen 5 Leute hätte ich zwar eine Chance aber nur solange sie keine Waffen bei sich trugen.

Ich fuhr mir etwas mit der Hand durch die schwarzen Haare, welche ich mir so aus dem Gesicht strich. Was ich wollte? Gott er erinnerte sich ja wirklich an gar nichts. „Hab ich doch gesagt. Ein paar Stunden deiner Zeit… jetzt aber ein paar Stunden mehr, als dir vielleicht lieb sind“, schmunzelte ich ruhig und streckte mich leicht, ehe ich zwei der Männer ein Signal gab und diese ihre Messer zückten. Natürlich rannten diese sofort auf ihn zu. Aber sie spielten nur das Ablenkungsmanöver. Ich streifte mir meine Ringe über und tauchte auf einmal hinter meinem ehemaligen Freund auf, um ihm meine verzierte Faust gegen die Schläfe zu rammen. Das sollte ihn erstmal ausknocken.